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Was sind „Red Flags“ (Rote Flaggen) – und warum sind sie so schwer zu erkennen?

Erschienen am: 17. November 2025

Rote Flaggen am Sandstrand als Warnsignal in den Dünen bei Sonnenuntergang

Der Begriff „Red Flags“ (Rote Flaggen) ist in den letzten Jahren durch soziale Medien zu einem festen Bestandteil unserer Sprache geworden. Red Flags sind Verhaltensmuster, die auf mangelnden Respekt, fehlende Verlässlichkeit oder auch auf emotionale Distanz hinweisen. Weil sie sich im Alltag häufig in kleinen Gesten bzw. Andeutungen verbergen, übergeht unser Verstand sie häufig zugunsten von Harmonie, Nähe und Hoffnung. Oft sind sie leise, unauffällig und schleichen sich so langsam ein, dass wir sie erst bemerken, wenn sie schon zum Muster geworden sind.

Dieser Beitrag soll dir helfen, das leise Ziehen im Bauch ernst zu nehmen. Du bekommst kurze Erklärungen, Praxisfragen, ein konkretes Beispiel und klare Schritte für ein Gespräch mit deinem Partner oder deiner Partnerin – oder auch einer Arbeitskollegin, denn nicht nur zu Beginn einer Partnerschaft kann es Red Flags geben, sondern tatsächlich in allen zwischenmenschlichen Beziehungen – sei es in der Familie, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz.

In diesem Beitrag konzentrieren wir uns jedoch auf die Liebesbeziehung.

Zuerst schauen wir, wie sich diese Signale bei dir anfühlen – damit du sie überhaupt bemerkst

Wie Red Flags sich anfühlen

In diesem Abschnitt beschreibe ich typische körperliche und emotionale Reaktionen; Unruhe im Bauch, Zweifel nach scheinbar unkomplizierten Gesprächen oder Begegnungen, das langsame Absinken des Selbstwertgefühls. Diese Symptome sind dein Frühwarnsystem. Red Flags sind individuelle Zeichen, die uns darauf hinweisen, dass etwas in unserer Beziehung nicht stimmt.

Eine lächelnde Frau sitzt allein am Tisch und trinkt Kaffee, während der Schatten ihres Selbst an der Wand zu sehen ist.

Hierzu drei Beispiele:

SituationDein Gefühl / Wirkung
Unvermittelt steht er auf, sagt „alles gut“ und verlässt das Gespräch.Dein Bauch: Abweisung, obwohl äußerlich alles normal wirkt.
Sie lobt dich kurz, bleibt danach emotional distanziert.Dein Bauch: Zweifel — war das Lob ehrlich?
„Ich rufe dich an“ — das Versprechen wird nie eingelöst.Dein Bauch: Enttäuschung — du senkst nach und nach deine Erwartungen.

Du fragst dich: Wenn ich weiß, wie es sich anfühlt, warum nehme ich es dann nicht ernst?

Warum wir Warnsignale schönreden

Hier erkläre ich die psychologischen Mechanismen: Wir empfinden Angst vor Verlust, vor dem Konflikt, vor dem Alleinsein. Deshalb verdrängen wir diese Warnsignale solange es geht. Wollen sie einfach nicht wahrnehmen. Denn wenn wir sie wirklich beachteten, müssten wir ja ins Handeln kommen. Und das fällt uns schwer.

Also liefert der Verstand uns Erklärungen, damit wir in der Beziehung bleiben können – oft auf Kosten unseres Selbstwerts.

Das könnte dann ungefähr so klingen im inneren Dialog:

  • „Vielleicht übertreibe ich.“
  • „Er/Sie meint es nicht so“
  • „Vielleicht hat er/sie grade viel zu tun und kann sich nicht melden.“

Dieser innere Konflikt hat tiefe Wurzeln. Seine Ursache liegt oft in frühen Erfahrungen: Kindheitsängste und alte Muster begleiten uns bis ins Erwachsenenleben. Sie prägen, wie wir Nähe zulassen, wie wir mit Unsicherheit umgehen und warum wir Warnsignale manchmal übersehen. Wenn wir diese Zusammenhänge verstehen, fällt es leichter, die eigenen Gefühle ernst zu nehmen und ihnen Raum zu geben.

Hier ein paar Beispiele:

  • Angst vor Einsamkeit („Lieber eine unvollkommene Beziehung als gar keine.“)
  • Geringes Selbstwertgefühl („Vielleicht verdiene ich keine bessere Behandlung.“)
  • Gewöhnung an Kompromisse („In früheren Beziehungen war es schlimmer.“)

Das Ergebnis: Wir ignorieren unseren inneren Kompass und bleiben in Verbindungen, die uns auf Dauer nicht guttun.

Nachdem wir die Ursachen kennen, gebe ich dir konkrete Hinweise, wie du Red Flags erkennen kannst.

Wie du Red Flags erkennst

Wenn du deine inneren Mechanismen verstehst, kannst du beginnen, sie zu durchbrechen. Im nächsten Schritt geht es darum, konkrete Anzeichen bewusst wahrzunehmen und klar zu benennen:

Stell dir drei zentrale Fragen:

  1. Fühle ich mich geliebt und emotional verbunden?
    Liebe zeigt sich nicht nur in großen Gesten, sondern in den kleinen Momenten des Alltags: Spüre ich Zuneigung, Wärme, Fürsorge? Fühle ich mich gesehen, auch wenn ich gerade nichts leiste?
  2. Fühle ich mich respektiert und ernst genommen?
    Werde ich gehört, wenn ich etwas mitteile? Muss ich um Aufmerksamkeit kämpfen oder werde ich als gleichwertig wahrgenommen? Gibt es Raum für meine Meinung, meine Grenzen, meine Bedürfnisse?
  3. Würde ich einem Freund/einer Freundin raten, in dieser Beziehung zu bleiben?
    Dieser Perspektivwechsel schafft Distanz und erlaubt eine ehrlichere Einschätzung — fremde Situationen sieht man oft klarer als die eigene. Nutze die Antwort als Spiegel: Wenn dein Rat „Geh“ lautet, hinterfrage deine Beziehung.

Tipp
Wenn du unsicher bist, ob es in deiner Beziehung Warnsignale gibt, kann unser Quiz „Red Flags“ helfen, die Situation neu zu betrachten – das ist oft der erste Schritt zu mehr Klarheit.

Theorie allein reicht nicht. Erst im Alltag zeigt sich, wie Red Flags wirken. Mein Praxisbeispiel macht deutlich, wie Sehnsucht und Zweifel miteinander ringen.

Carina* und Daniel* – Eine Beziehung zwischen Sehnsucht und Zweifel

Carina, eine attraktive Frau Anfang 50, hat nach einer schwierigen Scheidung endlich wieder Hoffnung auf eine erfüllende Partnerschaft. Sie erzählt mir strahlend von Daniel, einem charmanten Mann Ende 40, der sie verwöhne, ihr zuhöre und ihr das Gefühl gebe, begehrt zu werden. Er sei aufmerksam, großzügig und verwöhne sie auch körperlich. Doch nach ihrem Schwärmen sagt sie etwas gedämpft: „Neulich hat er mit einer Bedienung geflirtet, obwohl ich daneben saß!“. Und weiter „Andere Frauen schauen ihn an, und er lächelt zurück. Aber ich finde das noch nicht schlimm. Er ist halt ein auffallend gutaussehender Mann.“

Hier wird deutlich, wie Sehnsucht nach Nähe und Bestätigung Carinas/unsere Wahrnehmung trüben kann. Carina hat in der Vergangenheit schmerzhafte Dating-Erfahrungen gemacht, und nun, da sie endlich einen Mann an ihrer Seite hat, der sie wertschätzt, der attraktiv ist, sie begehrt, will sie diese Beziehung nicht gefährden. Doch ihr Bauchgefühl meldet sich – Sie ist verunsichert: Ist Daniels Interesse an anderen Frauen respektlos ihr gegenüber? Oder ist es einfach Teil seiner Persönlichkeit und sie sollte es nicht überbewerten? Ich spüre, es ist Carina nicht leichtgefallen, über diesen Wesenszug von Daniel zu sprechen.

Eine Frau sitzt beim Abendessen mit ihrem Partner im Restaurant und wirkt verunsichert, während er sie ignoriert – ein klassisches Warnsignal in Beziehungen.

Sie ist verunsichert und bittet um meine Einschätzung.

Die Frage, die sich mir stellt, ist nicht, ob Daniel ein „schlechter“ Mensch ist, sondern ob sein Verhalten zu Carinas Bedürfnissen passt. Ich frage, ob sie schon einmal grundsätzlich nachgedacht hat über ihre persönlichen Grenzen in einer Beziehung. Wir vertiefen dieses Thema und ich ermutige sie, zu ihren Werten zu stehen und schonungslos ehrlich zu sich zu sein. Sie erklärt, dass sie sich eine vertrauensvolle, exklusive Partnerschaft wünsche (wie übrigens die meisten Menschen). Und sie gibt offen zu, dass Daniels Bedürfnis nach externer Bestätigung für sie langfristig zum Problem werden könnte.

Carina steht vor einer Entscheidung

Kann sie Daniels Verhalten akzeptieren, ohne sich selbst zu verlieren? Oder ist es Zeit, sich einzugestehen, dass sie eine Beziehung möchte, in der sie sich uneingeschränkt respektiert und geliebt fühlt? Ihr Bauchgefühl kennt die Antwort – und das gilt nicht nur für Carina, sondern für uns alle:

Carinas Erfahrung macht deutlich: Erkennen sich der erste Schritt. Der nächste ist, mutig ins Gespräch zu gehen und die eigenen Bedürfnisse klar zu benennen.

Mut zum Gespräch

Es geht nicht darum, (d)eine Beziehung zu verurteilen, sondern darum, DEINE Bedürfnisse und Grenzen bewusst wahrzunehmen. Finde einen ruhigen Moment in eurem Zusammenleben. Sag deinem Partner/deiner Partnerin freundlich und ruhig was dich bedrückt, was du dir wünschst, was dich verunsichert oder sogar verletzt. Ohne Vorwürfe, dafür mit konkreten Wünschen.

Formuliere in Ich-Botschaften (z. B. „Ich fühle mich…“, „Ich wünsche mir…“). So schaffst du Raum für ein echtes Klärungsgespräch. Wenn deine Partnerin dich respektiert, wird er/sie bereit sein, zuzuhören und darüber zu sprechen.

Wenn dich das Thema Kommunikation mehr interessiert, schaue dir gerne meine Themenseite zur Kommunikationsberatung an.

Nimm dir danach Zeit zur Reflexion. Achte dabei besonders auf diese Punkte:

  • Wurde auf deine Anliegen eingegangen oder wurden sie heruntergespielt?
  • Hielt deine Partnerin Blickkontakt oder wirkte er/sie abgelenkt und desinteressiert?
  • Wurde dein Gesprächswunsch mit Ausreden abgeblockt („Keine Zeit“, „Nicht jetzt“, „Mach doch nicht so ein Drama“)?

Wenn solche Reaktionen wiederkehren, ist eure Verbindung nicht ausgeglichen. Respekt zeigt sich auch daran, dass deine Partnerin echtes Interesse an deinem Befinden zeigt.

Fazit: Vertraue deinem Bauchgefühl

Vielleicht erkennst du dich in Carinas Geschichte wieder? Oder du spürst, wie dein Bauch in ähnlichen Situationen unruhig wird.

Genau diese innere Stimme ist dein verlässlicher Kompass: Sie zeigt dir, was du wirklich brauchst, wo deine Grenzen liegen und wie du dir selbst treu bleibst. Red Flags sind keine absoluten Wahrheiten, sondern sie sind eine Aufforderung an dich, genauer hinzuschauen – auf dich und deine Bedürfnisse. Wenn dich diese Fragen gerade bewegen, lass uns im kostenlosen Kennenlerngespräch gemeinsam erkunden, was dein nächster Schritt sein könnte. Oder teile deine Gedanken direkt mit mir unter kontakt@heldt-coaching.de.

*Namen verändert

Über den Autor

Sabine Heldt - Life Coach aus München stehend vor hellem Hintergrund.
Sabine Heldt
Zertifizierter Life Coach aus München

Sabine Heldt ist zertifizierter Life Coach aus München und hat über 15 Jahre Erfahrung im Coaching und der Beratung zu privaten und beruflichen Herausforderungen.